Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Zur Geschichte des Astronomischen Recheninstituts

Das Astronomische Rechen-Institut wurde in Berlin gegründet und hatte dort 245 Jahre lang seinen Sitz. Das Institut hat seinen Ursprung im "Kalenderpatent" vom 10. Mai 1700 (300-Jahr-Feier des Astronomischen Rechen-Instituts am 10. Mai 2000). In diesem Erlaß verlieh Kurfürst Friedrich III. (der spätere König Friedrich I. in Preußen) der kurz darauf gegründeten Akademie der Wissenschaften zu Berlin ein monopolartiges Privileg zur Herausgabe von Kalendern in seinem Staat. Die Berliner Akademie wurde lange Zeit nahezu ausschließlich aus den Einnahmen dieses Kalenderpatents, also der Arbeit ihrer Astronomen, finanziert. Am 18. Mai 1700 wurde Gottfried Kirch zum ersten "astronomo ordinario" in Berlin ernannt (Direktoren des Astronomischen Rechen-Instituts bzw. der Berliner Sternwarte auf einen Blick). Die Hauptaufgabe der Berliner Astronomen bestand lange Zeit in der Herausgabe eines astronomisch korrekten Kalenders. Auch heute noch werden vom Astronomischen Rechen-Institut traditionsgemäß die "astronomischen Grundlagen für den Kalender" für die Bundesrepublik Deutschland berechnet und jährlich veröffentlicht. Zum Beispiel stammen die in den meisten Kalendern veröffentlichten Auf- und Untergangszeiten von Sonne und Mond aus dieser Publikation des Instituts.

Die Berechnung der astronomischen Ephemeriden wurde weisungsgemäß lange Zeit von den Astronomen der Berliner Sternwarte erledigt. Aufgrund des ständig wachsenden Umfangs dieser Arbeiten wurde jedoch 1874 das "Rechen-Institut zur Herausgabe des Berliner Astronomischen Jahrbuchs" gegründet. Es war zunächst noch mit der Berliner Sternwarte verbunden, bezog aber sofort ein eigenes Domizil in Berlin SW 68, Lindenstraße 91 (heute Berlin-Kreuzberg, direkt gegenüber dem Berlin-Museum). Dem Institut angeschlossen wurde ein "Seminar für die Ausbildung im wissenschaftlichen Rechnen". 1896 erhielt das "Königliche Astronomische Rechen-Institut" dann seine volle Selbständigkeit. 1912 bezog das Institut einen Neubau in Berlin-Lichterfelde, Altensteinstraße 40 (postalisch: Berlin-Dahlem). In diesem Gebäude befand sich lange das Präsidialamt der Freien Universität Berlin. Von 1939 bis 1944 trug das Astronomische Rechen-Institut den Namen "Coppernicus-Institut", der ab 1943 "Kopernikus-Institut" geschrieben wurde.

Im Jahre 1944 wurde das Institut "für die Dauer des Krieges" als "Astronomisches Rechen-Institut der Kriegsmarine" der deutschen Kriegsmarine unterstellt und aus Sicherheitsgründen aus dem bombengefährdeten Berlin in den kleinen Ort Sermuth im Kreis Grimma in Sachsen verlagert. Die amerikanischen Truppen, die dieses Gebiet zunächst besetzten, brachten den Hauptteil des Instituts 1945 an den Sitz ihres Hauptquartiers: Heidelberg. Nur ein kleiner Teil des ehemaligen Berliner Instituts kehrte nach Kriegsende in die Nähe Berlins, in die Sternwarte Babelsberg (Potsdam), zurück und bestand dort noch bis 1956 als selbständige Einrichtung.

Seit 1945 ist das Astronomische Rechen-Institut in Heidelberg ein staatliches Forschungsinstitut des Landes (früher Baden, jetzt Baden-Württemberg). Die Diensträume des Instituts befanden sich zunächst in der Heidelberger Altstadt, Schulgasse 2-4 (bis 1947), Augustinergasse 15 (1947-1951) und Grabengasse 14 (1951-1960). Ab 1957 siedelte das Institut an seinen heutigen Standort in Heidelberg-Neuenheim, Mönchhofstraße 12-14, über.

Das Institut hat stets engen wissenschaftlichen Kontakt zur jeweiligen Universität gehalten. Zum Beispiel war und ist der Direktor des Instituts seit 1874 stets auch als Ordinarius für Theoretische Astronomie der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin bzw. der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg tätig.

Die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Forschung des Instituts liegen heute und in absehbarer Zukunft auf den Gebieten der Astrometrie und der Stellardynamik. Dabei werden auch modernste Techniken, z.B. der Astrometriesatellit Gaia der Europäischen Weltraum-Behörde ESA, eingesetzt. Daneben gibt das Institut Ephemeridenwerke (Apparent Places of Fundamental Stars, seit 1960, an Stelle des 1959 mit dem 184. Jahrgang eingestellten Berliner Astronomischen Jahrbuchs) und Bibliographien (Astronomy and Astrophysics Abstracts, seit 1969, an Stelle des 1968 mit dem 68. Band eingestellten Astronomischen Jahresberichts) heraus.

Ergänzende Infos zur Geschichte des Astronomisches Rechen-Instituts und der Berliner Sternwarte

Bilder zur Geschichte des Astronomischen Rechen-Instituts und der Berliner Sternwarte.

Bücher zur Geschichte des Astronomischen Rechen-Instituts

August Kopff, die Relativitätstheorie, und zwei Briefe Albert Einsteins an Kopff im Archiv des Astronomischen Rechen-Instituts

 

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