Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

TNG-Cluster simuliert massereichste Strukturen im Kosmos


[Translate to Deutsch:] False-color representation of the gas in one of the galaxy clusters simulated in the TNG-Cluster project. Several smaller clusters are depicted that will approach each other and eventually merge. The small patches of dense gas are galaxies that interact with each other as well as with the extended spheres of gas that form the intracluster medium. (Credit: TNG-Cluster Project, PIs Pillepich/Nelson)

Die "TNG-Cluster" getaufte kosmologische Simulation hat in bisher nie erreichtem Detail das Reich der größten gravitativ gebundenen Strukturen im Universum erforscht: gigantische Ansammlungen tausender Galaxien mit einer Gesamtmasse von einer Million Milliarden Sonnenmassen oder mehr. TNG-Cluster ist die erste Simulation, mit deren Hilfe systematische Studien und Analysen sowie ein Vergleichen mit real beobachteten massereichen Galaxienhaufen möglich ist. Die Simulation ist ein Projekt von Forschern des Zentrums für Astronomie der Universitöt Heidelberg (ZAH) und des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) im Rahmen der TNG-Kollaboration.

Kompromiss zwischen Größe und Detailreichtum
Bei ihrem Vorhaben, die Entstehung besonders massereicher Galaxienhaufen zu simulieren, mussten die Forscher einen Kompromiss zwischen einer ausreichender Größe ihres Modelluniversums und dem Detailreichtung finden, mit dem sie die darin ablaufenden physikalischen Prozesse simulieren.
Für TNG-Cluster erfanden die Forscher dazu eine ausgeklügelte Methode. Sie simulierten zunächst die Vorgänge in einem gigantischen würfelförmigen Modelluniversum mit einer Kantenlänge von mehr als 3 Milliarden Lichtjahren. Der Würfel war zunächst ausschließlich mit Dunkler Materie gefüllt, die etwa 80% der Gesamtmasse der Materie im realen Universum ausmacht. Auch wenn Astronomen bis heute noch nicht wissen, woraus Dunkle Materie besteht, so können sie doch sehr genau deren Eigenschaft messen und dabei herausfinden, dass die Art und Weise, wie Dunkle Materie verklumpt so gut wie völlig unabhängig von der Anwesenheit von normaler Materie ist, wie wir sie in interstellarem Gas oder Sternen finden.

Vergrößern von Details
Nachdem sie ihr Modell-Universum sich über das Alter unseres Universums hatten entwickeln lassen, identifizierten sie einige hundert Regionen, in denen sich Dunkle Materie angesammelt und die Bildung von Galaxienhaufen verursacht hatte. Für jede dieser Reginen führten die Forscher die Simulation erneut durch, diesmal jedoch unter Einbeziehung von Gas, Sternen und supermassereichen Schwarzen Löchern, die sich in den Zentren von Galaxien bilden.
"Mit diesem Vorgehen konnten wir einen einzigartigen wissenschaftlichen Datensatz erzeugen", sagt der Co-PI des Projekts, Dr. Dylan Nelson vom Institut für Theoretische Astrophysik (ITA), das zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gehört. "Es ermöglicht uns und Forschern weltweit, nicht nur eine große Stichprobe von Galaxienhaufen zu untersuchen, sondern auch kleinräumige Details innerhalb jedes Haufens aufzulösen. Dazu gehören nicht nur die Galaxien, aus denen die Haufen bestehen, sondern auch die Vorgänge im Gas des heißen Intrahaufen-Mediums", schwärmt der Astrophysiker.

Eine umfassende Simulation von Galaxienhaufen
TNG-Cluster ist übertrifft alle bisherigen Simulationen von Galaxienhaufen. Die Daten sind so detailliert, dass die Forscher sogar die Eigenschaften des "Intracluster-Medium" studieren können, dass Galaxienhaufen nebulös umgibt und intensive Röntgenstrahlung emittiert, einschließlich der verschiedenen Arten von Galaxien und des Wechselwirklungen, die sie im im Laufe ihrer Entstehung erfahren haben.

Rückkopplung durch Schwarze Löcher
Die Forschungsgruppe, die TNG-Cluster entwickelt hat und ihre Simultionsdaten nun öffentlich teilt, hat zuvor bereits die zahlreiche Erkenntnisse daraus gewonnen und publiziert. So werden supermassereiche Schwarze Löcher zwar erwartungsgemäß aktiv, wenn sie Materie aus ihrer unmittelbare Umgebung abziehen und einen "aktiven galaktischen Kern" bilden. Doch die beträchtlichen Energiemengen, die sie in den sie umgebenden Raum abgeben, hinterlassen charakteristischen Merkmale wie nahezu materiefreie Hohlräume oder Schockfronten komprimierten Gases.
Die Prozesse in der Nähe supermassereicher Schwarzer Löcher finden dabei auf Skalen statt, die selbst für TNG-Cluster zu klein sind und wurden nur vereinfacht modelliert. Die Forscher waren daher überrascht, dass ihr Modell trotzden die materiefreien Hohlräume recht realistisch nachbildet.

TNG-Cluster für alle
Wissenschaftler, die im Rahmen der TNG-Kollaboration arbeiten, haben es sich auf die Fahnen geschrieben, nicht nur ihre eigenen Ergebnisse, sondern alle Informationen über ihr simuliertes Modelluniversum mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu teilen. Tatsächlich wurden von den mehr als 1000 Publikationen, die bisher auf TNG-Daten basieren, mehr als 700 von Wissenschaftlern verfasst, die nicht zur Gruppe der TNG-Entwickler gehören.
So wurden nun auf die Darten von TNG-Cluster veröffentlicht: Seit dem 5. März können Wissenschaftler und die Öffentlichkeit auf der TNG-Website auf das synthetische Universum dieser Simulation zugreifen, einschließlich hunderter Terabyte an Daten: https://www.tng-project.org/data/. Die Veröffentlichung der Daten wird von einer Reihe wissenschaftlicher Publikationen begleitet, die zu einem weiteren Dutzend TNG-Cluster-Artikeln hinzukommen, die die Heidelberger Teams bereits veröffentlicht haben (https://www.tng-project.org/cluster/#results).

 

LOCALER KONTAKT

Kontakt für die Medien
Dr. Guido Thimm
Center for Astronomy at Heidelberg University (ZAH)
thimm@uni-heidelberg.de

Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Dylan Nelson
Center for Astronomy at Heidelberg University (ZAH)
Instituzte for Theoretical Astrophysics (ITA)
dnelson@uni-heidelberg.de

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