Bei der Beobachtung von Quasaren mit JWST entdeckte ein Team von Wissenschaftler:innen unter Leitung von Dominika Wylezalek (ZAH/ARI) eines der dichtesten bekannten Gebiete der Galaxienentstehung im frühen Universum.
Quasare nennt man die extrem hell leuchtenden Kerne mancher Galaxien. Dort befinden sich extrem massereiche Schwarzen Löcher, die einen sogenannte "galaktischen Wind" verursachen. Dadurch wird Gas aus der Wirtsgalaxie verdrängt und die lokale Sternentstehung beeinflusst.
Der von Dr. Wylezalek und ihren Kolleg:innen beobachtete Quasar, bekannt als SDSS J165202.64+172852.3 mit einer Rotverschiebung von z=2.94, existierte bereits im sehr frühen Universum, vor etwa 11.5 Milliarden Jahren. Zusätzlich zu seiner auffälligen roten Farbe wurde sein Licht durch seine große Entfernung und die Ausdehnung des Universums weiter ins Infrarote verschoben. Daher war das für Beobachtungen im Infraroten Spektralbereich konzipierte James Webb Space Telescope (JWST) das ideale Instrument, um im Detail zu untersuchen, was am Ort dieses speziellen Quasars vor sich geht.
Frühere Studien machten bereits auf die starken Materieausflüsse des Quasars aufmerksam, und Astronom:innen hatten spekuliert, dass die Verschmelzung der Heimatgalaxie mit einem unsichtbaren Partner die Ursache für diese Aktivität sein könnte. Tatsächlich zeigen die jüngste Beobachtungen des JWST deutlich, dass nicht eine Galaxie, sondern mindestens drei weitere in einem extrem kleinen Volumen herumwirbeln. Man bezeichnet ein derartiges System auch als "Galaxien-Protohaufen", einem Galaxienhaufen in der Phase der Entstehung.
"Es gibt nur wenige Galaxien-Protohaufen, die zu diesem frühen Zeitpunkt bekannt sind. Es ist schwer, sie zu finden, und nur sehr wenige hatten seit dem Urknall Zeit, sich zu bilden", sagte die Astronomin Dominika Wylezalek vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, die die Studie über diesen Quasar leitete. Dies könnte uns schließlich helfen zu verstehen, wie sich Galaxien in dichten Umgebungen entwickeln... Das ist ein spannendes Ergebnis."
Das Team vermutet, dass sie den Kern eines Galaxienhaufens untersucht haben könnten, der erst durch JWST's hervorragende bildgebende und spektroskopische Fähigkeiten enthüllt wurde. Dies ermöglichte es ihnen, die Bewegungen detektierbarer Objekte zu kartieren, was zu der Schlussfolgerung führte, dass SDSS J165202.64+172852.3 tatsächlich Teil eines dichten Knotens der Galaxienentstehung war.
Unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit, mit der drei bestätigte Galaxien umkreisen und wie dicht sie in die Region um den Quasar gepackt sind, glaubt das Team, dass dies eines der dichtesten bekannten Gebiete der Galaxienentstehung im frühen Universum ist. "Selbst ein dichter Knoten aus Dunkler Materie reicht nicht aus, um die Eigenschaften zu erklären", sagt Wylezalek. "Wir gehen davon aus, dass wir eine Region sehen, in der zwei massive Halos aus dunkler Materie miteinander verschmelzen. "
Dr. Wylezalek's Team, zu dem auch die Postdoktorandin Dr. Caroline Bertemes vom ARI/ZAH gehört, plant bereits Folgebeobachtungen dieses Galaxien-Protohaufens, um zu verstehen, wie dichte, chaotische Galaxienhaufen wie dieser entstehen und wie er von galaktischen Winden und Quasar-Rückkopplungen beeinflusst wird, die von dem aktiven, supermassiven Schwarzen Loch in seinem Herzen erzeugt werden.
Diese Forschung wurde im Rahmen von Webbs Early Release Science (ERS)-Programmen durchgeführt. Die Beobachtungen finden während der ersten 5 Monate des Webb-Wissenschaftsbetriebs statt. Die Webb-Beobachtungen, die zu diesem Ergebnis führten, stammen aus dem ERS-Programm #1335.
ORIGINALPUBLIKATION
"First results from the JWST Early Release Science Program Q3D: Turbulent times in the life of a z?3 extremely red quasar revealed by NIRSpec IFU", Wylezalek D. et al., 2022, erscheint in The Astrophysical Journal Letters (siehe https://arxiv.org/abs/2210.10074)
NÜTZLICHE LINKS
James Webb Space Telescope: esawebb.org
Homepage von Dominika Weylezalek: wwwstaff.ari.uni-heidelberg.de/dwylezalek/
WEITERE PRESSEINFORMATIONEN
Pressemitteilung von ESA/NASA: esawebb.org/news/weic2217/
WISSENSCHAFTLICHER KONTAKT
Dr. Dominika Wylezalek
Zentrum für Astronomie an der Universität Heidelberg
Astronomisches Rechen-Institut
dominika.wylezalek@uni-heidelberg.de
KONTAKT FÜR DIE MEDIEN
Dr. Guido Thimm
Zentrum für Astronomie Heidelberg University
thimm@uni-heidelberg.de